„Das große Familien-Abo ohne Mindestvertragslaufzeit mitgebucht“

In unserer letzten Ausgabe hatten wir uns erkundigt, wie es Graciella von der ehemaligen RIO Band heute so geht. Diesmal haben wir mit dem super sympathischen Gitarristen und Sänger Stephan Kok gesprochen.

Die Fans der RIO Band (und besonders die weiblichen) werden den blonden Ostfriesen mit dem strahlenden Lächeln noch bestens in Erinnerung haben.

Mit der RIO Band warst Du sehr lange unterwegs. War die Umstellung danach groß für Dich?

Nein. Ich bin ohnehin ein Typ, dem immer sehr schnell langweilig wird und dann muss ich unbedingt wieder was Neues ausprobieren. Wer auch immer für die Verteilung der Gene verantwortlich ist, hat bei mir leider alles für das Bestreben nach sozialer Absicherung, sicherem Einkommen und Beständigkeit vergessen. Dafür ist aber die Neugier auf alles das, was hinter der nächsten Ecke auf mich wartet, sehr ausgeprägt. Am schlimmsten hat es mich allerdings mit der Angstfreiheit erwischt. Ich falle lieber einmal mehr auf die Nase, als mir einzugestehen, es gar nicht erst versucht zu haben.

Dann ist es doch umso erstaunlicher, dass Du so lange Teil der RIO Band warst, oder?

Daß ich für sage und schreibe 11 Jahre lang festes Mitglied und Teil der RIO Band war, ist einzig und allein Graziella, Giovanni und ihrer Familie zu verdanken. Mit der Aufnahme in die Band, hatte ich nämlich auch direkt das große Familien-Abo ohne Mindestvertragslaufzeit gebucht. Die unzähligen Tage und Stunden, die wir auch abseits der Bühne zusammen verbracht haben, bleiben mir unvergessen.

Warst Du denn mit der RIO Band ausgelastet?

In den freien Tagen zwischen den RIO Auftritten habe ich parallel eigentlich immer noch irgendwas anderes gemacht. Da war noch meine Countryband, eine Oldieband, das Schrauben an Autos, ein Fahrrad- und Bootsverleih, oder irgendwelche kleinen Handwerkerjobs. Die letzten Jahre war ich zwischen den Auftritten zudem schon wieder regelmäßig mit dem LKW unterwegs. Teilweise bin ich dann aus Zeitnot direkt von der Tour mit meiner Zugmaschine – und der Gitarre unterm Arm, zum Auftritt gefahren – verrückte Zeiten…

Das klingt ganz schön stressig….

Naja… Bereits zwei Jahre zuvor bekam ich bei einer Routineuntersuchung die Diagnose „Hypakusis“. Schwerhörigkeit auf beiden Ohren, mit einem Hörverlust von über 60 Dezibel. Das kann man als Berufsmusiker mit Ende dreißig natürlich nicht wirklich gut gebrauchen. Leider ist das so ein gemeiner, schleichender Prozess und es wird mit der Zeit nicht besser…

Wie entwickelte sich Dein Leben nach der RIO Band?

Nach meinem Ausstieg aus der Band wurde es richtig turbulent. Ein paar Wochen fuhr ich noch im Fernverkehr feinste Blumenerde durch die Lande und plötzlich fand ich mich zum Torfabbau mitten im Moor als Maschinenführer auf Bagger, Radlader und Pistenbully wieder. Nach der Abbausaison transportierte ich für einen renommierten Baumaschinen- und Kranvermieter per Tieflader schwere Maschinen von Baustelle zu Baustelle.

Von der Bühne auf den Tiefladersitz, was für ein Gegensatz!

Ja, und als meine damalige Chefin dann erkannte, daß ich die Dinger auch reparieren kann, hatte ich schon wieder ein neues Aufgabenfeld. Auf einigen Lehrgängen zum Thema Arbeitssicherheit fand ich eine dann wieder eine neue Herausforderung. Seit einigen Jahren bilde ich nun Fahrer von Gabelstaplern, Teleskopladern, Kranen, Hubarbeitsbühnen und Erdbaumaschinen aus. Da kommt mir die jahrelange Bühnenerfahrung zugute – ich habe das Talent, auch bei völliger Unwissenheit fachlich überzeugen 😉 Außerdem unterstütze ich Unternehmen dabei, die Arbeitsschutzvorschriften und berufsgenossenschaftlichen Vorgaben praktisch und lösungsorientiert umzusetzen.

Und was ist aus dem Musikmachen geworden?

Wenn ich mal Ablenkung brauche, dann treffe ich mich mit ein paar alten Musiker-Haudegen, wir drehen die Verstärker auf und blasen uns ganz unverbindlich das Hirn frei!