Einladung zum Altstadtspaziergang in der Klosterstraße: So sah es hier damals aus!

In unserer Reihe „Altstadtspaziergang“ laden wir Sie wieder zu einem kleinen historischen Foto-Rundgang in der Rintelner Altstadt ein.

Diesmal ist es streng genommen allerdings kein Rundgang, sondern es geht geradeaus durch die Klosterstraße. Hier pulsierte zu allen Zeiten das Leben und entsprechend wandelte sich das Bild im Laufe der Jahre enorm. Viele der alten Häuser stehen nicht mehr. Andere konnten vor dem Abbruch bewahrt werden und wurden mit viel Aufwand und Liebe restauriert. 

Heutzutage, wenn man gemütlich durch die Fußgängerzone schlendert, braucht es schon einige Fantasie, um sich vorzustellen wie es hier früher aussah. Als noch Pferd und Wagen über das Pflaster ratterten, oder später, als 1929 die Exertalbahn ihren Betrieb aufnahm und 40 Jahre lang das Stadtbild prägte.

Ihren Namen verdankt die Klosterstraße übrigens einem Nonnenkloster, welches um 1250 gebaut wurde. Von der Klosteranlage ist heute nur noch ein einziges Bauwerk übrig: die Jakobi-Kirche am Kollegienplatz.

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1 Wir starten unseren Spaziergang von Süden aus vor dem Gebäude der Rintelner Stadtverwaltung. Bis 1966 stand an dieser Stelle das alte Krankenhaus. Nach dessen Abbruch wurde 1967 für die Verwaltung des Landkreises Grafschaft Schaumburg ein mit Waschbetonplatten behängter Neubau errichtet. 1980 zog hier die Rintelner Stadtverwaltung ein.

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2 Gleich dahinter geht es links ab zur Eulenburg, die heutzutage das Universitäts- und Stadtmuseum Rinteln beherbergt.

Im Mittelalter war die Eulenburg Rintelns einziger aus massivem Mauerwerk errichteter Burgmannshof und diente ab 1651 als Sitz der hessen-schaumburgischen Regierung. Das altertümliche Gebäude mit dem rätselhaften Namen sollte um 1900 noch abgerissen werden, doch konnten Denkmalschützer im letzten Augenblick den Abbruch verhindern. 1938 nahm es das Museum auf, das wiederum während des Krieges für Zwecke des benachbarten Krankenhauses weichen musste. Das Foto wurde 1950 gemacht, als die Eulenburg noch als beengtes Wohnquartier für Ärzte und Schwestern diente. Eingewachsen von mächtigen Ranken und umgeben von einem alten Garten, schien es damals eine Oase altertümlicher Ruhe zu sein. Seit 1968 dient die Eulenburg wieder als Museumsgebäude

3 Zurück auf der Klosterstraße geht es weiter entlang des heutigen Rathauses, welches 1898 mit einer der Renaissance nachempfundenen Sandsteinfassade errichtet wurde. Weiter der Straße folgend, kommt man auf der linken Seite an einer auffällig flachen Gebäudezeile vorbei. Viele ältere Rintelner*innen werden sich gerne daran erinnern, als es hier bei Feinkost Schnittger noch belegte Brötchen und Tüten mit Süßigkeiten gab.

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Etwas weiter auf der linken Straßenseite sticht dann das 1875 errichtete Gebäude der heutigen IGS Hildburgschule ins Auge. Bis 1975 war hier das Gymnasium Ernestinum untergebracht. Das Foto zeigt die Grundsteinlegung für die Erweiterung am 7. September 1955. Angesichts steigender Schülerzahlen in den 1950er und 1960er Jahren wurde mehr Platz benötigt. Die Rede vor Schülern und Lehrern hält Bürgermeister Riedinger. Die Schule heißt zu diesem Zeitpunkt noch „Staatliche Oberschule für Jungen“ und wurde erst im folgenden Jahr in „Gymnasium Ernestinum“ umbenannt.

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4 Wie die Wohn- und Geschäftshäuser in der Klosterstraße um 1910 aussahen, zeigt das Foto des Delikatessen-Geschäfts Bernhard Döscher in der Klosterstraße 10. Das 1692 neben dem Portal zum Prinzenhof erbaute Haus war im 18. Jahrhundert im Besitz des jüdischen Händlers Abraham Leffmann, später wohnte hier der Universitäts-Prosektor Gleim, im 19. Jahrhundert dann ein Chirurg namens Schaumburg und um 1860 die jüdische Familie Goldschmidt. Bernhard Döscher gab sein Geschäft während des Ersten Weltkriegs auf, es folgte in den 20er Jahren das Fahrradgeschäft Kuhfuß. Heute befindet sich im Erdgeschoß ein Modegeschäft.

Delikatessen gibt es übrigens gleich nebenan heute immer noch. Nämlich in Form von frischem Obst und Gemüse und einer Vielzahl von Produkten aus biologischen Anbau in Hella Kleindieks Bioladen „Querbeet“.

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5 Wir folgen der Klosterstraße etwas weiter und bleiben etwa auf der Höhe des äußerst sympathischen und von Karin Reichenberg inhabergeführten Schreibwarengeschäfts König auf der rechten Straßenseite stehen. Wie der Blick von hier aus Richtung Norden im Jahr 1967, also vor rund 52 Jahren aussah, sieht man auf dem Foto Nr. 5. Die seit 1929 zwischen Rinteln und Barntrup verkehrende Extertalbahn war noch immer in Betrieb, bedeutete aber in den 60er Jahren zunehmend ein Verkehrshindernis. Neben der Weserbrücke war besonders die Klosterstraße ein Engpass, der immer wieder zu Staus und Unfällen führte. Diese Problematik und sinkende Fahrgastzahlen hatten schließlich 1970 die Einstellung des Schienenverkehrs in der Stadt zur Folge.

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6 Nur ein paar Schritte bleiben wir wieder stehen und drehen uns um. Können Sie sich vorstellen oder vielleicht sogar daran erinnern, wie die Fußgängerzone aus dieser Perspektive im Jahr 1968 aussah? Bild Nr. 5 verrät es Ihnen. Der wachsende Verkehr durch die Stadt brachte besagte Staus mit sich. Gleichzeitig bedeuteten die Schienen der Extertalbahn ein beständiges Risiko für die Fahrradfahrer und mehr als einmal kam es zu schweren Unfällen durch stürzende Radler. Schon 1971, nur gut ein Jahr nach dem Ende des Bahnverkehrs durch die Stadt, wurde mit ihrer Beseitigung begonnen. Heute wäre eine Museumsbahn mitten durch die Fußgängerzone sicherlich eine Touristenattraktion ersten Ranges.

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7 Weiter Richtung Marktplatz kommen wir auf der rechten Straßenseite an einer der prächtigsten Fachwerkfassaden der Stadt vorbei: das Hotel Stadt Kassel mit seiner reichhaltigen Geschichte. Seinen Namen erhielt es 1881, als das Haus in den Besitz von Heinrich Bosse kam. Dieser Hotelier gab dem Haus den Namen „Stadt Cassel“. Erbauen ließen das stattliche Fachwerkhaus der gräflich schaumburgische Vogt und Zöllner Henricus Heldt und seine Ehefrau Engte im Jahr 1605. 1625 ging es in den Besitz der Kaufmannsfamilie Poppelbaum über, die 1683 die Utlucht (Vorbau) einfügen ließ. Ab 1719 wurde das Haus als Ausspann genutzt. 1751 erwarb Friedrich Christian Feldmann das Gebäude. Er verdiente sein Geld mit der Vermietung von Pferdegespannen. In dieser Zeit diente das Haus auch als Posthalterei für die thurn- und taxische Fahrpost. Feldmann richtete gleichzeitig für die Gäste eine Gastwirtschaft ein. Um das Jahr 1795 übernahm eine aus Göttingen stammende Familie Propping das Gasthaus.

Dass dieses Prachtstück der Altstadt heute Einheimische wie Besucher erfreut, ist dem Ehepaar Ernst und Gisela Brand zu verdanken, die das Hotel im Jahr 1971 kauften und in den Folgejahren aufwändig und liebevoll restaurierten und vergrößerten. 2011 übernahmen Tochter Kerstin und Schwiegersohn Lutz Krüger-Brand die Geschäftsleitung und mittlerweile sind auch deren Tochter Julia und Schwiegersohn Moritz Brand in führenden Positionen tätig.

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8 Auf der gegenüberliegenden Straßenseite stand bis 1974 noch dieser Fachwerkbau mit der Hausnummer 5. Seine  Fassade stammte aus dem 19. Jahrhundert. Das Bild zeigt die beiden Friseure des Friseurgeschäftes Heinrich Goebel um 1910. 1974 musste das Haus im Zuge der Erweiterung der Kreissparkasse weichen. Das rechts angrenzende Haus mit dem Erker blieb bis heute erhalten.

Nach all den Eindrücken und Informationen über diesen Teil unserer schönen Altstadt empfehlen wir,  in einem der schönen Lokale auf dem Marktplatz einzukehren. Bis dorthin sind es ja nur noch wenige Schritte!

Wir danken Dr. Stefan Meier vom Universitäts- und Stadtmuseum Rinteln sowie dem Hotel Stadt Kassel für die zur Verfügung gestellten Bilder und Informationen!