Einladung zur historischen Dorfrundfahrt

Gerne laden wir Sie wieder ein, einen Blick in die „gute alte Zeit“ in Rintelns Dörfern zu werfen. Diesmal machen wir uns von der Rintelner Südstadt aus auf den Weg nach Möllenbeck. Auf dem Weg kommen wir an der Siedlung Hessendorf vorbei.

Der Platz reicht an dieser Stelle natürlich nicht aus, um Ihnen die ganze Historie von Hessendorf und Möllenbeck zu erzählen. Aber wir haben wieder viel Wissenswertes gefunden, was einen schönen Eindruck davon vermittelt, wie es hier damals aussah.

1 Will man sich auf eine Ausfahrt machen, tut man immer gut daran, erst einmal richtig aufzutanken.

Schon seit den 1950er-Jahren kann man dies in der Seetorstr. 16 erledigen. Damals noch umgeben von Feld und Weideland eröffneten 1951 Marlis und Paul Wollmann ihre Esso-Tankstelle mit Reparatur-Werkstatt für einen Ford-Dienst und Wagenpflege. In den Folgejahren platze das Gebäude mehrfach aus allen Nähten und musste vergrößert werden. Sohn Ulrich begann 1969 seine Ausbildung zum Kfz-Mechaniker, legte später die Meisterprüfung ab und führt das Unternehmen seit 1977 als Einzelfirma unter dem Namen Wollmann.

Hessendorf

2 Frisch betankt geht es nun auf Richtung Möllenbeck. Bevor man jedoch das Klosterdorf erreicht, fallen dem aufmerksamen Betrachter auf der rechten Seite der heutigen Kreisstraße eine Reihe von Stichstraßen auf. Sie bilden die Reihensiedlung Hessendorf, die ihre Existenz der hessischen Landgräfin Hedwig Sophie zu verdanken hat.

Die geschäftstüchtige Adelige erkannte die Möglichkeit, wie sie mit diesem Teil ihres Möllenbecker Domänenlandes mehr Erträge erwirtschaften könnte:

Sie teilte das Gebiet in 16 fast gleich große Parzellen auf und warb in den Jahren 1667 – 1673 Neusiedler, vorwiegend aus dem Lippischen, an, die in der Folge mit ihren neu errichteten Bauernhöfen nicht nur eigenen Wohlstand erwirtschafteten, sondern auch für satte Steuereinnahmen der Gräfin sorgten. Einer dieser Höfe ist heute der Ferienhof der Familie Klemme. Bis 1969 war Hessendorf eigenständig.

3 Zu Hessendorf – und nicht zu Möllenbeck –  gehört übrigens auch das Grundstück an der Kreisstraße am Ortseingang Möllenbeck, wo Hermann und Mariechen Eichmeier bis 1972 die Gaststätte „Zum Lindenhof“ betrieben. Die gute Küche und der gemütliche Kaffeegarten lockten die Gäste von nah und fern. Viele Familienfeste wurden hier ausgiebig gefeiert und die ältere Dorfjugend traf sich regelmäßig an den Wochenenden in den gemütlichen Räumlichkeiten.

Aber nicht nur für ihre herzliche Gastlichkeit waren die Eichmeiers bekannt. Zusätzlich betrieb Hermann Eichmeier nämlich noch einen Handel mit Fahrrädern und Nähmaschinen  sowie eine Reparaturwerkstatt.

Möllenbeck

4 Den fruchtbaren Böden am Rande der Weseraue ist es wohl zu verdanken, dass sich in Möllenbeck schon vor mehr als 3.000 Jahren Menschen angesiedelt hatten. Archäologen haben dies mit eindeutigen Spuren von Bauten und Begräbnisplätzen belegen können.

Die günstige Lage wusste augenscheinlich auch eine Edelfrau namens Hildburg zu schätzen. Einer Sage nach war sie die Stifterin des im Jahre 896 gegründeten freiadligen Damenstifts, welches bereits in der ersten Hälfte des 10. Jahrhunderts die bis heute erhaltene Krypta und die imposanten Rundtürme des Klosters Möllenbeck erhielt. Im Bild ist ein um 1850 entstandener Stahlstich zu sehen. Das im spätgotischen Stil erbaute Gebäudeviereck mit dem beeindruckenden Kreuzgang, wie wir es noch heute kennen, wurde zwischen 1479 und 1505 errichtet. Angesichts der heutigen Nutzung z. B. als Austragungsort toller Veranstaltungen wie das Irish Folk Festival schwer vorstellbar: Der Innenhof wurde früher als Friedhof genutzt.

Mit der 1560 in Schaumburg vollzogenen Reformation begann die Umwandlung des Klosters in ein evangelisches Männerstift mit einer bedeutenden Lateinschule. Zeugen dieser Zeit sind die hochwertigen Deckenmalereien der Weserrenaissance in den Klausurgebäuden, die bis heute erhalten sind. Im dreißigjährigen Krieg von 1618 – 1648 verödete das Dorf Möllenbeck. Das Stift wurde aufgelöst und in eine Domäne zu rein wirtschaftlichen Zwecken umgewandelt, deren Erträge dem Erhalt der Universität Rinteln zugutekamen. Der absolute Tiefpunkt war erreicht, als das Inventar in der napoleonischen Zeit versteigert wurde und der Kirchenraum als Pferdestall verwendet wurde.

1836 wand sich die Geschichte des Kloster wieder zum Guten: Die ev.-reformierte Kirchengemeinde Möllenbeck hatte die Klosterkirche zur Nutzung erhalten und renovierte das 70 m lange Kirchengebäude im neugotischen Stil.

5 Die wachsende wirtschaftliche Bedeutung des Klosters verhalf Möllenbeck früh zu einer raschen Entwicklung. Historische Unterlagen aus dem 13. und 14. Jahrhundert erwähnen bereits eine Ratsverfassung und Landwehren. Ebenso einen Marktplatz, der sich an der Stelle befunden haben soll, wo bis 2000 der stattliche Fachwerkbau der Gastwirtschaft Siekmann stand. Heute ist das Grundstück an der Ecke Hildburgstraße/Lemgoer Str. unbebaut.

6 Seit 1470 wird die Domäne Möllenbeck als Landwirtschaftsbetrieb geführt. Die Aufnahme aus den 30er-Jahren vermittelt einen schönen Eindruck, wie das heute von Familie Bollhöfer liebevoll gestaltete Areal mit dem idyllischen Hofgarten am Kloster früher aussah.

Im Hintergrund zu erkennen ist auch das stattliche Domänenpächterhaus, welche 1818 im klassizistischen Stil errichtet und um 1900 nach historischen Vorgaben renoviert wurde.

7a + 7b Der fruchtbare Boden, der dem Dorf Möllenbeck mit zu seinem Reichtum verhalf, bedeutete besonders in früheren Zeiten schwere Arbeit, wie die Aufnahme aus den 30er Jahren zeigt.

Die Möllenbecker Bürgerinnen und Bürger waren aber nicht nur ein hart arbeitendes Volk – sie erwarben sich auch schon früh den Ruf gerne zu feiern! Insbesondere ihre Erntefeste sind noch bis heute legendär. War die Ernte eingebracht, zogen die Menschen ausgelassen feiernd mit ihren fantasievoll geschmückt Erntewagen durchs Dorf.

8 Woran sich viele Ältere sicherlich noch sehr gerne erinnern, ist das Freibad von Möllenbeck. Vielleicht haben Sie hier sogar das Schwimmen gelernt?

Bis in die späten 60er Jahre konnte in der „Badeanstalt“ im Sommer nach Herzenslust gebadet und geplanscht werden. 1936 – zu jener Zeit war Möllenbeck noch eine selbstständige Gemeinde – hatte der Rat beschlossen, ein eigenes Freibad zu bauen. Ob da vielleicht auch ein sportlicher Wettlauf mit der Stadt Rinteln im Spiel war? Deren öffentliches Bad wurde nämlich erst später fertig gestellt. Wer weiß… 😉 Oder war man einfach der Meinung, dass Möllenbeck als damals anerkannter Luftkurort ein eigenes Freibad haben sollte?

1968 dann musste das Bad aber leider geschlossen werden. Die ehrenamtlichen Bademeister taten es nicht mehr, die Behörden verlangten nach einem ausgebildeten Schwimmmeister. Dies, wie auch die Finanzierung höherer Auflagen in Sachen Hygiene und Wassertemperatur waren einfach nicht finanzierbar.

9 Wo jetzt südlich des Findlingsgartens ein idyllischer See liegt, erhob sich noch vor einigen Jahrzehnten der Kahlenberg. Damals war er das Ziel vieler Wanderer und Ausflügler, die von hier die Aussicht auf das schöne Klosterdorf genossen.

Aller reizvollen Natur an der Oberfläche aber zum Trotz, befindet sich in diesem Gebiet das ergiebigste Vorkommen an Sand und Kies in Norddeutschland. Als nach dem 2. Weltkrieg der Bedarf an Baumaterialien wegen der großen Baukonjunktur immens war, begann die Firma Wilhelm Reese auf diesem Gelände mit der intensiven Förderung der dringend benötigten Rohstoffe.

Wir danken Herrn Strohmeier, Hartmut Herforth (FB-Gruppe Historisches Rinteln) und Dr. Stefan Meyer vom Museum Rinteln herzlich für die zur Verfügung gestellten Bilder und Informationen!