Sicherheitstraining am Himmel über Rinteln: Grenzflugzustände und Trudelübung
Wer Ende Juni Segelflugzeuge am Himmel über Rinteln gesehen hat, die anscheinend gefährliche Flugbewegungen gemacht haben, wird vielleicht einen Schreck bekommen haben. Doch es bestand keinerlei Grund zur Sorge, denn der Luftsportverein Rinteln e.V. (LSV) hat im Rahmen eines Sicherheitstrainings gezielte Trudelübungen gemacht.
Eine Woche lang fand über dem Fluggelände in Rinteln eine Sicherheitseinweisung in sogenannte Grenzflugzustände statt. Die Segelflieger des Vereins werden dabei mit einem speziell hierfür konstruierten Zweisitzer des Niedersächsischen Luftfahrverbands in Langsamflug bis hin zum Strömungsabriss und Trudeln eingewiesen.
Sicherheit wird im LSV Rinteln großgeschrieben. Daher hatte Norbert Siebert, Fluglehrer und Ausbildungsleiter des Vereins, für die eine Woche ein spezielles Segelflugzeug vom Typ ASK-21B gemietet. Gemeinsam mit seinem Team aus Fluglehrern wiess er damit die Mitglieder und Flugschüler des Vereins in besondere Flugzustände und das Trudeln ein.
Trudeln bezeichnet eine gefährliche Flugphase, die typischerweise aus einem überzogenen Flugzustand entsteht. Überziehen bedeutet, dass die Strömung der Luft über die Tragflächen so stark nachlässt, dass das Flugzeug nicht mehr ausreichend Auftrieb erzeugen kann. Im Moment des Trudelns kippt das Segelflugzeug über eine seiner Tragflächen ab und gerät in eine rapide, schraubenförmige und vertikal geneigte Bahn, vergleichbar mit der Drehung eines Korkenziehers. Dies führt dazu, dass die Strömung sowohl am Flügel als auch am Höhenleitwerk größtenteils abreißt und das Flugzeug plötzlich an Höhe verliert.
Durch wiederholtes Training soll das anfänglich beängstigende Gefühl der Desorientierung überwunden und eine kontrollierte Reaktion im Notfall sichergestellt werden. Die Schulungsflugzeuge des LSV Rinteln sind so konzipiert, dass sie auch bei kritischen Manövern stabil bleiben. „Unser Schulungsdoppelsitzer kann im Normalzustand nicht in ein echtes Trudeln übergehen, sondern verharrt im sogenannten ‚Sackflug‘ ohne abzukippen. Da unsere Mitglieder jedoch auch leistungsfähigere Flugzeuge steuern können, ist die Schulung dieser Extremsituationen essentiell“, erklärt Siebert. Aus diesem Grund hat er das speziell hierfür konfigurierte Flugzeug des Luftsportverbands Niedersachsen nach Rinteln gebracht.
Die Frage, wie gefährlich Segelfliegen ist, lässt sich kaum pauschal beantworten. Wie bei allen Fortbewegungsmitteln ist auch hier vor allem das eigene Risikoverhalten ausschlaggebend. Statistisch gesehen ist das Fliegen im Luftsport insgesamt sicherer als alle Fortbewegungsmittel auf der Straße. «Unser Verein setzt im gesamten Betrieb auf eine proaktive Fehlerkultur», erläutert Siebert. So werde im Rahmen von sogenannten «Debriefings» der Flugtag am Abend immer nachbesprochen. Im Zentrum steht dabei die Kommunikation über und die Analyse von Fehlern, sodass Sicherheitslücken erkannt und geschlossen werden können, bevor es zu Unfällen kommt.
Ausbildung im LSV Rinteln
Der LSV Rinteln bildet in den Luftsportarten Segelflug und Motorsegelflug aus. Die Schulung erfolgt ehrenamtlich durch derzeit 10 Segelflug- und 5 Motorsegelfluglehrer des Vereins. Sämtliche Lehrer des LSV Rinteln sind erfahrene Strecken- und Wettbewerbspiloten, teils mit umfangreicher internationaler Erfahrung. Segelfliegen kann man ab 13 Jahren lernen; mit 16 Jahren ist der Erwerb der Segelfluglizenz möglich. Flugbetrieb findet von April bis Oktober an jedem Wochenende statt.
Interessierte können sich vorab informieren bei Ausbildungsleiter Norbert Siebert (ausbildung@lsv-rinteln.de). Weitere Infos: https://lsv-rinteln.de/lsv/ausbildung/