von Rechtsanwalt, Mediator und Dozent Rolf H. Stich
Auch in arbeitsrechtlichen Verfahren dreht es sich in letzter Zeit immer häufiger um Abmahnungen oder durch den Arbeitgeber ausgesprochene (fristlose) Kündigungen auf Grund von Äußerungen der Arbeitnehmer in sozialen Netzwerken wie z. B. bei Facebook.
So hatte sich z.B. das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg (Az. 4 Sa 5/16) mit der Frage auseinanderzusetzen, ob eine vom Arbeitgeber fristlos ausgesprochene Kündigung eines Arbeitnehmers, der bereits seit 16 Jahren im Betrieb arbeitete, zulässig war. Hintergrund der Kündigung war, dass der Arbeitnehmer einen Vorgesetzten bei Facebook als „fettes Schwein“ (unter Verwendung dementsprechender Bildzeichen = „Emoticons“) bezeichnete.
Grundsätzlich verletzt derjenige seine arbeitsvertraglichen Pflichten und muss mit einer Abmahnung oder sogar mit einer fristlosen Kündigung rechnen, der einen Vorgesetzten oder einen Arbeitskollegen beleidigt.
Der Gesetzgeber führt hierzu aus: Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann. (§626 I BGB)
Die Gerichte haben hierzu inzwischen auch klargestellt, dass eine Beleidigung von Vorgesetzten oder Kollegen in der Kommentarfunktion bei z.B. Facebook auch unter Verwendung von Emoticons ein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung sein kann. Allerdings prüfen die Arbeitsgerichte in einem zweiten Schritt, ob die ausgesprochene Kündigung, wenn ein wichtiger Grund vorliegt, auch verhältnismäßig ist. In arbeitsgerichtlichen Verfahren wird hierbei häufig die Personalakte und insbesondere die Dauer der Betriebszugehörigkeit berücksichtigt. In dem vorliegenden Fall ging das Gericht davon aus, dass aufgrund der 16-jährigen Betriebszugehörigkeit die Kündigung unverhältnismäßig gewesen wäre. Eine Abmahnung wäre ausreichend gewesen.
In einem Urteil des Arbeitsgerichts Herne (Az. 5 CA 2806/15) hat das Gericht jedoch die Klage eines Arbeitnehmers zurückgewiesen, der auf der Facebook-Seite eines Nachrichtensenders die Berichterstattung eines Brandes in einer Flüchtlingsunterkunft mit volksverhetzenden Kommentaren versah. In seinem öffentlich zugänglichen Facebook-Profil war sein Arbeitgeber genannt. Der Arbeitgeber sah einen Bezug zu sich hergestellt und sprach die fristlose Kündigung aus. Obwohl der Arbeitnehmer bereits über 32 Jahre bei diesem Arbeitgeber beschäftigt war, sah das Gericht das Arbeitgeber-Interesse an einer sofortigen Beendigung als überwiegend an und gab dem Arbeitgeber Recht.
So hat eine Auszubildende auch schon ihren Ausbildungsplatz verloren, weil sie sich beim Arbeitgeber krank meldete und bei Facebook postete: „Habe mich krank gemeldet, aber keinen Bock auf Arbeit… gestern gesoffen.“
Fazit:
Die sozialen Netzwerke sind kein rechtsfreier Raum. Die arbeitsrechtlichen Grundlagen, die bisher schon galten, gelten auch dort – einen Online-Bonus gibt es nicht. Im Gegenteil: Was in sozialen Netzwerken schnell geteilt wird oder durch eine Kommentarfunktion mit einem Emoticon versehen wird, kann sehr schnell den Arbeitsplatz kosten, wenn ein Bezug zum Arbeitsverhältnis bzw. zum Arbeitgeber hergestellt werden kann. Dennoch sollten Maßnahmen des Arbeitgebers wie Abmahnung und Kündigung nicht einfach hingenommen werden, sondern auf ihre Verhältnismäßigkeit geprüft werden.