Von Stefan Abrahams, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Erbrecht

Wenn ein Mensch stirbt, treten nach deutschem Erbrecht seine Erben – egal, ob als gesetzliche oder testamentarisch eingesetzte Erben – mit dem Augenblick seines Todes automatisch als sog. Gesamtrechtsnachfolger in seine Rechte und Pflichten ein. Die Erben können z.B. über seine Bankguthaben verfügen und die beweglichen Nachlassgegenstände in Besitz nehmen. Doch was geschieht mit dem „digitalen Nachlass“ des Verstorbenen, also seinen e-mail-Accounts, den Profilen in den sozialen Medien, in Chaträumen und auf Verkaufsplattformen oder den virtuellen Vermögenswerten wie PayPal-Guthaben oder Online-Lizenzen?

Grundsätzlich vererbt sich der digitale Nachlass ebenso nach den Regeln des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). In der Praxis stellen sich jedoch vielfältige Probleme. Dies beginnt schon mit der fehlenden Kenntnis der Erben von Accounts und Passwörtern, dem Nachweis von Tod des Erblassers und eigener Erbenstellung oder mit unkooperativen Anbietern von Online-Diensten. So hat der Bundesgerichtshof mit seinem viel beachteten Urteil vom 12.07.2018 – III ZR 183/17 – entschieden, dass Facebook verpflichtet ist, den Erben den Zugang zum dortigen Konto des Verstorbenen einschließlich aller Kommunikationsinhalte zu gewähren.

Dringend zu empfehlen ist jedem, der sich Gedanken über den Verbleib seiner persönlichen Daten nach seinem Tod macht, eine Vertrauensperson zu benennen, die sich um den digitalen Nachlass kümmern soll. Dies geschieht sinnvollerweise durch eine Vollmacht über den Tod hinaus, die mit detaillierten Handlungsanweisungen verbunden werden kann, z.B. im Hinblick auf die Löschung von Accounts, Daten oder Fotos, das Löschen eines Social Media-Profils bzw. Versetzen in einen Gedenkzustand etc.

Möglich ist es auch, die Vertrauensperson für den Fall, dass man krankheits- oder altersbedingt die eigenen Belange nicht mehr regeln kann, durch Vollmacht oder als Unterabschnitt in einer umfassenderen Vorsorgevollmacht  zu bevollmächtigen, den Umgang mit dem digitalen Besitzstand zu regeln. Die Vollmacht sollte der Vertrauensperson auch ausgehändigt werden. Zu bedenken ist aber, dass die Erben nach dem Tod eine Vollmacht über den Tod hinaus auch widerrufen können oder ggf. Dritte die Vollmacht nicht ohne weiteres anerkennen.

Daher sollte ergänzend auch ein Testament errichtet werden, mit dem neben den sonstigen Verfügungen der digitale Nachlass geregelt werden kann. Denkbar sind hier z.B. die Zuwendung des digitalen Nachlass an eine Vertrauensperson als Vermächtnis, die Anordnung von Auflagen oder die Einsetzung eines Testamentsvollstreckers. Der Testierende kann hierbei auch Festlegungen über den Umgang mit Daten, Accounts und Fotos und Anordnungen zum postmortalen Datenschutz treffen.

Wichtig ist es auf jeden Fall, praktische Vorkehrungen zu treffen, damit der Bevollmächtigte bzw. die Erben auch Zugriff zu Accounts und Daten erhalten. Ermöglicht werden kann dies z.B. durch eine Liste oder einen nicht passwortgeschützten USB-Stick mit sämtlichen Accounts und Passwörtern, die – getrennt von Vollmacht bzw. Testament – in einem Tresor oder Bankschließfach aufbewahrt werden können und natürlich laufend aktualisiert werden sollten.

Es lohnt sich auch ein Blick in die Geschäftsbedingungen der Online-Dienste über den Umgang mit den Daten nach dem Tod. Bei Facebook oder Google können z.B. auch Nachlasskontakte eingerichtet und damit bereits festgelegt werden, wer nach dem Tod Zugriff auf Accounts und Daten nehmen kann. Ratsam ist stets, die Vertrauensperson umfassend von den eigenen Vorkehrungen zu informieren, damit nach dem Tod gleich alles im eigenen Sinne geregelt werden kann und keine großen Nachforschungen angestellt werden müssen.