Ein Sommer ohne Klimaanlage? – Informationen für Wohnungseigentümer

Von Marcus Carell, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht. Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht

In Wohnungseigentümergemeinschaften steht regelmäßig das Thema „Bauliche Veränderung oder Modernisierung?“ auf der Tagesordnung. Zu diesem Thema gibt es aktuelle Rechtsprechung:

  1. Ausgangsfall: Klimaanlage

Das Landgericht Frankfurt am Main hat Anfang des letzten Jahres eine Entscheidung zu einem Mehrheitsbeschluss getroffen, mit dem das Nachrüsten einer optisch störenden Klimaanlage an der Außenfassade einer einzelnen Wohnung genehmigt werden sollte (LG Frankfurt a. M., Urteil vom 13.01.2017).

In einer Wohnungseigentümergemeinschaft wurde mit Mehrheit der Beschluss gefasst, das Nachrüsten einer Klimaanlage an der Außenfassade für eine Wohnung zu gestatten. Dieser Beschluss wurde von einem Eigentümer angefochten und – im Ergebnis – vom Landgericht Frankfurt a. M. als Berufungsgericht für ungültig erklärt.

  1. Überblick über die Rechtslage:

Soweit es bauliche Maßnahmen im weiteren Sinne innerhalb einer Wohnungseigentümergemeinschaft betrifft, ist in zweifacher Weise zu differenzieren:

Zum einen muss zwischen Maßnahmen am Gemeinschaftseigentum und zwischen Maßnahmen am Sondereigentum unterschieden werden. Maßnahmen am Sondereigentum (z. B. an den Innentüren oder den Tapeten) kann jeder Eigentümer nach eigener Vorstellung vornehmen, solange hierdurch keine Störung des anderen Eigentümers eintritt.

Soweit es Maßnahmen am gemeinschaftlichen Eigentum betrifft, ist zwischen drei Unterfällen zu unterscheiden:

a) Bauliche Veränderungen:

Bauliche Veränderungen und Aufwendungen, die über eine ordnungsgemäße Instandhaltung und Instandsetzung, d. h. über eine Reparatur des gemeinschaftlichen Eigentums hinausgehen, können beschlossen werden, wenn jeder Wohnungseigentümer zustimmt, der hiervon betroffen ist.

Beispielsfälle: Der Einbau und die Stilllegung eines Fahrstuhls sind bauliche Veränderungen. Ebenso die Errichtung einer Garage. Das Fällen von Bäumen wird dann als bauliche Veränderung angesehen, wenn der optische Eindruck und Charakter der Außenanlage dadurch wesentlich verändert wird

b) Modernisierungsmaßnahmen:

Maßnahmen, die der Modernisierung oder der Anpassung des gemeinschaftlichen Eigentums an den Stand der Technik dienen, können mit einer sog. qualifizierten Mehrheit beschlossen werden.

Hierzu ist eine Mehrheit von ¾ aller stimmberechtigten Wohnungseigentümer und gleichzeitig mehr als 50 % der Miteigentumsanteile erforderlich. Zu solchen Maßnahmen gehört u. a. eine sog. energetische Modernisierung. Eine energetische Modernisierung ist eine Maßnahme, durch die im Bezug auf die Mietsache Endenergie nachhaltig eingespart wird.

c) Bloße Instandhaltung/Instandsetzung:

Bei einer Maßnahme der ordnungsgemäßen Instandhaltung oder Instandsetzung (Reparatur des vorhandenen Gemeinschaftseigentums) ist lediglich ein Mehrheitsbeschluss der Eigentümer erforderlich. Beispiel: Reparatur der vorhandenen Haustür.

  1. Klimaanlage stellt keine Modernisierung im Rechtssinne dar:

In dem vom Landgerichts Frankfurt a. M. entschiedenen Fall kam es entscheidend darauf an, ob durch die Installation der Klimaanlage eine nachhaltige Erhöhung des Gebrauchswertes der Mietsache oder eine dauerhafte Verbesserung der allgemeinen Wohnverhältnisse stattfindet.

Das Landgericht Frankfurt a. M. hat in seiner Entscheidung darauf abgestellt, dass die Gebrauchswerterhöhung oder die Verbesserung der allgemeinen Wohnverhältnisse sich nicht nur auf eine einzelne Wohnung beziehen dürfen, sondern auf die gesamte Wohnungseigentumsanlage. Dies ist nicht der Fall, wenn nur eine Wohnung mit einer Klimaanlage ausgestattet wird.

Daher handelte es sich bei der Anbringung der Klimaanlage um eine bauliche Änderung. Die erforderliche Zustimmung aller Eigentümer, für die die Klimaanlage außen am Haus sichtbar war, lag nicht vor. Aus diesem Grund hat das Gericht den gefassten Mehrheitsbeschluss für ungültig erklärt.

  1. Verfahrensrecht:

Ein Beschluss der Wohnungseigentümer kann nur innerhalb von einem Monat angefochten werden. Die Frist für die Erhebung der Anfechtungsklage beginnt mit dem Tag der Eigentümerversammlung. Die Frist für die Erhebung der Anfechtungsklage gilt für alle von den Eigentümern gefassten Beschlüsse, z. B. auch für Beschlüsse über die Hausgeldabrechnung.

Soweit Zweifel an der Wirksamkeit der Beschlüsse bestehen, ist es daher in jedem Fall sinnvoll, rechtzeitig einen rechtlichen Rat zu der Wirksamkeit der gefassten Beschlüsse einzuholen.