Flächenabweichungen im Mietrecht

von Rechtsanwalt Marco Vogt – Fachanwalt für Strafrecht und Fachanwalt für Verkehrsrecht

Bei Mieträumen kommt es schnell zum Streit um die angemietete Fläche. Eine Flächenabweichung kann ggf. zu einer Mietminderung führen und auch Auswirkungen auf die Nebenkostenabrechnung oder eine Mieterhöhung haben.

Im Allgemeinen ist die Flächenangabe in einem Mietvertrag nicht nur eine unverbindliche Objektbeschreibung, sondern eine Beschaffenheitsvereinbarung. Für die Annahme einer bindenden Beschaffenheitsvereinbarung ist ein Zusatz zur Flächenangabe wie z.B. „ca.“ oder „ungefähr“ unschädlich (z.B. LG Köln, Urteil vom 05.03.2008 – 10 S 327/05). Der Vermieter kann nur durch eine klare Regelung eine Beschaffenheitsvereinbarung verhindern, in dem er beispielhaft mitteilt, dass die Angabe der Wohnungsgröße nicht zur Festlegung des Mietgegenstandes dient (BGH, Urteil vom 10.11.2010 – VIII ZR 306/09).

Die Berechnung der Wohnfläche richtet sich heute bei Wohnräumen nach der Wohnflächenverordnung, vor dem 01.01.2004 ggf. nach der Verordnung über Wohnungswirtschaftliche Berechnungen nach dem 2. Wohnungsbaugesetz.

Stellt der Mieter nun eine Wohnflächenabweichung fest, so muss dann differenziert werden bzgl. der Auswirkungen auf Mietminderung, Mieterhöhungen oder aber Betriebs- und Heizkostenabrechnungen.

Mietminderung wegen Abweichung bei der Wohnfläche:

Nach einem Urteil des BGH vom 24.03.2004 – VIII ZR 295/03 sagt der Leitsatz: Weist eine gemietete Wohnung eine Wohnfläche auf, die mehr als 10 % unter der im Mietvertrag angegebenen Fläche liegt, stellt dieser Umstand grundsätzlich einen Mangel der Mietsache im Sinne des § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB dar, der den Mieter zur Minderung der Miete berechtigt. Einer zusätzlichen Darlegung des Mieters, dass infolge der Flächendifferenz die Tauglichkeit der Wohnung zum vertragsgemäßen Gebrauch gemindert ist, bedarf es nicht.

Erst wenn die Wohnung also mehr als 10 % kleiner ist, als im Mietvertrag angegeben, kann die Miete gemindert werden.

Der Mieter kann dann ab Kenntniserlangung von der Flächenabweichung die Miete für die Zukunft mindern und für die Vergangenheit überzahlte Miete bis zur Grenze der Verjährung zurückfordern. Hierbei ist die 3-jährige Regelverjährung gem. § 199 Abs. 1 BGB maßgeblich, wobei auf den Zeitpunkt der Kenntniserlangung durch den Mieter abgestellt wird. In der Regel dürfte dies der Zeitpunkt sein, in dem der Mieter durch Nachmessen Kenntnis davon erhält, dass die Flächenabweichung vorliegt.

Mieterhöhung:

Die für die Mietminderung geltende 10 % Grenze hat der BGH bereits für das Mieterhöhungsverfahren mit einer Entscheidung im Jahre 2015 korrigiert (BGB, Urteil vom 18.11.2015 – VIII ZR 266/14). Der BGH stellt in dieser Entscheidung fest, dass es im Rahmen des Mieterhöhungsanspruches des Vermieters gem. § 558 BGB nur auf die tatsächliche Größe der Wohnung ankomme. Zumindest für das Mieterhöhungsverlangen muss sich der Vermieter somit seit diesem Zeitpunkt bei Mieterhöhungsverlangen nicht mehr an einer zu niedrig angegebenen Wohnfläche festhalten lassen, wenn die Abweichung unter 10 % beträgt. Er kann – und muss – sich bei der Berechnung der ortsüblichen Vergleichsmiete dann stets auf die tatsächliche Größe der Wohnung stützen. Es ist somit immer die tatsächliche Wohnfläche maßgeblich, auch für den umgekehrten Fall, dass die Wohnfläche im Mietvertrag zu hoch angegeben ist, kann der Vermieter die Miete ebenfalls nur auf der Grundlage der tatsächlichen, ggf. also niedrigeren Wohnfläche erhöhen.

Betriebs- und Heizkostenabrechnung:

Mit Entscheidung vom 30.05.2018 (BGH VIII ZR 220/17) hat sich der Bundesgerichtshof auch bzgl. der Betriebs- und Heizkostenabrechnungen von dem 10 Jahre lang geltenden Prinzip der 10 % Abweichung verabschiedet.

So hatte der Bundesgerichtshof 2007 noch erklärt, entscheidend sei die im Mietvertrag vereinbarte Wohnungsgröße, es sei denn die Abweichung zu der im Mietvertrag genannten Wohnungsgröße betrage mehr als 10 %. Nunmehr stellt der BGH in seiner neuen Entscheidung klar, dass es bei Betriebs- und Heizkostenabrechnungen auf die tatsächliche Wohnfläche ankommt, nicht auf die im Mietvertrag angegebene Wohnungsgröße. Es gäbe keine Ausnahme und Null Toleranz. Der Abrechnungsmaßstab für die Betriebskostenabrechnungen ist damit nunmehr die objektive Wohnungsgröße und nicht was ggf. im Mietvertrag vereinbart ist.

Zusammenfassend ist es somit so, dass die 10 % Hürde nur noch bei einer Mietminderung zu überwinden ist und sowohl bei dem Mieterhöhungsverlangen als auch bei den Nebenkostenabrechnungen von der tatsächlichen Wohnungsgröße auszugehen ist.