„Neue“ Düsseldorfer Tabelle seit dem 01.01.2018: Veränderungen beim Unterhaltsvorschuss
Von Thorsten Frühmark, Rechtsanwalt, Fachanwalt f. Arbeitsrecht, Fachanwalt für Familienrecht
Die Düsseldorfer Tabelle dient bekanntlich als Maßstab und Richtlinien zur Berechnung des Kindesunterhalts. Eingeführt wurde sie im Jahr 1962 durch das Oberlandesgericht Düsseldorf. Die Düsseldorfer Tabelle selbst hat zwar keine Gesetzeskraft, wird aber von den Gerichten bei einer Unterhaltspflicht und der Unterhaltsberechnung in der Regel akzeptiert. Die letztmalige Anpassung wurde für den Zeitraum am 01.01.2018 veröffentlicht.
Dabei wurden die Bedarfssätze der Düsseldorfer Tabelle für Kinder erneute angehoben. Der Mindestunterhalt für Kinder bis zum 5. Lebensjahr wurde um 6,00 € erhöht, für Kinder zwischen den 6. und 11. Lebensjahr um ebenfalls 6,00 €. Kinder zwischen dem 12. und dem 17. Lebensjahr erhalten 7,00 € mehr.
Die einschneidenste Veränderung ist allerdings darin zu sehen, dass die Einkommensgruppe bis 1.500,00 € in der neuen Tabelle ersatzlos weggefallen ist und die 1. Einkommensgruppe sich nunmehr bis 1.900,00 € bewegt. In der Praxis hat sich daher bereits seit Jahresbeginn gezeigt, dass dies zu geringeren Unterhaltszahlungen für einige Kinder führt, nämlich für die Kinder, dessen zahlungspflichtiger Vater/Mutter über 1.500,00 € verdient. Diese haben früher Kindesunterhalt nach der 2. Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle erhalten. In den meisten Fällen erhalten diese Kinder jetzt nur noch Kindesunterhalt nach der 1. Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle.
Wichtig ist, dass die Düsseldorfer Tabelle richtig gelesen ist. In der Ursprungstabelle handelt es sich nämlich um den grundsätzlichen Unterhaltsanspruch des Kindes selbst, jedoch nicht um den tatsächlich zu zahlenden Betrag. Der Unterhaltsschuldner darf hier nämlich das Kindergeld vom Tabellenbetrag kürzen, so dass sich der endgültige Betrag ergibt. Die Kindergeldanrechnung erfolgt bei Minderjährigen je zur Hälfte, bei privilegiert Volljährigen im vollen Umfang. Daher sollte bei der Ermittlung des Zahlbetrages immer die jeweilige Fassung der Düsseldorfer Tabelle genutzt werden, in der der Kindergeldabzug bereits vorgenommen worden ist.
Außerdem ist zu berücksichtigen, dass die Gerichte grundsätzlich davon ausgehen, dass der unterhaltspflichtige Unterhalt für zwei Personen leisten muss. Oft liegt der Fall vor, dass der Unterhaltspflichtige nur für ein Kind Kindesunterhalt zu zahlen hat. Dies kann zur Folge haben, dass er in die nächsthöhere Einkommensstufe rutscht und eine höhere Zahlung vorzunehmen hat, als in der ursprünglichen Einstufung.
Stets ist bei Kindesunterhaltszahlungen zu berücksichtigen, dass dem Unterhaltspflichtigen ein Selbstbehalt in Höhe von 1.080,00 € verbleiben muss. Sollte die Zahlung des Kindesunterhalts dazu führen, so kann dies bedeuten, dass nicht der volle Zahlbetrag nach der Düsseldorfer Tabelle erlangt werden kann. Letztlich bedarf es aber einer rechtlichen Überprüfung und einer Einzelfallbetrachtung, weil es dem Unterhaltsverpflichteten nach der Rechtsprechung sogar zugemutet werden kann, ggf. einer Nebentätigkeit nachzugehen, um den vollen Zahlbetrag nach der Düsseldorfer Tabelle zahlen zu können. Gelegentlich verlangen die sogar einen Arbeitsplatzwechsel, um ein höheres Einkommen zu erzielen.
Letztlich ist die Düsseldorfer Tabelle daher nur ein erster Anhaltspunkt dafür, wie viel Kindesunterhalt verlangt werden kann und wie viel im Gegenzug gezahlt werden muss. Eine Einzelfallbetrachtung ist daher stets notwendig.
Sollten Alleinerziehende von dem Unterhaltsverpflichteten keinen Kindesunterhalt erhalten, so „springt“ der Staat ein. Es besteht dann die Möglichkeit, Unterhaltsvorschussleistungen zu beziehen. Zum 01.07.2017 traten weitreichende Veränderungen zu Gunsten der Kinder ein. So wird seit dem 01.07.2017 Unterhaltsvorschuss nicht nur für Kinder bis zum 12. Geburtstag gezahlt, sondern bis zum 18. Geburtstag.
Außerdem wurde die Bezugsdauergrenze von höchstens 72 Monaten aufgehoben. Dies stellt für viele Alleinerziehende eine finanzielle Entlastung dar. Der Unterhaltsvorschuss ist bei den jeweiligen zuständigen Jugendämtern zu beantragen. Kinder bis zum 6. Geburtstag erhalten 154,00 €, Kinder bis zum 12. Geburtstag 205,00 € und Kinder bis zum 18. Geburtstag 273,00 €.
Voraussetzung für den Erhalt von Unterhaltsvorschussleistungen ist, dass der Wohnsitz in Deutschland liegt und der Unterhaltspflichtige den gesetzlichen Mindestunterhalt nicht oder nur teilweise bzw. unregelmäßig zahlt. Ferner muss das minderjährige Kind beim alleinerziehenden Elternteil leben. Wichtig ist, dass bei Wiederheirat des erziehenden Elternteils kein Anspruch mehr auf Unterhaltsvorschusszahlungen besteht.
Erwähnenswert ist noch, dass der Antrag beim zuständigen Jugendamt der Schriftform bedarf. Auch bei Einzelfragen im Bereich des Unterhaltsvorschusses sollte man sich an einen Fachanwalt bzw. einer Fachanwältin für Familienrecht wenden.