Von Stephanie Schütte, Bewerbungstrainerin und Jobcoach,
www.checkpoint-bewerbung.de
„Schreibe mindestens 3 Bewerbungen im Monat und weise sie nach.“ sagte der Arbeitsvermittler zum Arbeitsuchenden und ließ ihn dieses in einer Eingliederungsvereinbarung unterschreiben. Wow, 3 Bewerbungen im Monat – Das muss ja klappen!
Vertriebsorientiert wie ich nun mal bin, stelle ich mir vor, wie ich als Vertriebsmitarbeiter, Handelsvertreter oder Außendienstmitarbeiter mit 3 Kundenkontakten im Monat meinen Umsatz halten bzw. steigern sollte.
Als Dozentin in verschiedenen Bewerbungstrainings und Berufsorientierungsmaßnahmen von Arbeitsagenturen, Job Centern stelle ich immer wieder fest, dass es hier nicht um 3 Bewerbungen im Monat geht. Die meisten Kunden, die mehr oder weniger gezwungenermaßen zu mir geschickt werden, haben in ihrer bisherigen Zeit der Arbeitslosigkeit keine oder nur wenige Bewerbungen verschickt.
Dafür gibt es verschiedene Gründe: Nicht wissen wie, nicht wissen wo, nicht wissen als was, sich nicht selbst formulieren können, kein PC zu Hause, kein Geld, Angst, etwas falsch zu machen… Der Ordnung halber möchte ich dazu sagen, dass es auch viele Menschen gibt, die von sich aus zu mir kommen und gar nicht erst auf ein Bewerbungstraining über Agentur und Jobcenter warten wollen.
Das ist der erste Schritt. Es gibt kein Land auf diesem Planeten, in dem so ein Affenaufstand um Bewerbungen gemacht wird, wie bei uns in Deutschland! DIN-Normen, vorgefertigte Formulierungen und Lebenslaufmuster von Erwin Mustermann sind die Werkzeuge, die ein Bewerber in der Regel an die Hand bekommt. Und ich frage mich, wie ein Bewerber sich mit seinem ganz individuellen (Lebens-)Weg in das Profil eines anderen Menschen hineinpressen soll. Hier finden in der Gestaltung der Bewerbung die individuellen Ziele, sowie der Bedarf des Arbeitgebers nach individueller und vor allem schneller Information oftmals keinen Raum.
Schauen Sie mit einer lebens-bejahenden und fast schon vertriebsorientierten Jobsuche nicht nur auf Ihre Schwächen, Vermittlungshemmnisse, Einschränkungen – nennen Sie es wie sie wollen – sondern sensibilisieren Sie sich für Ihre Stärken und das Angebot, welches Sie einem potentiellen Arbeitsgeber machen können.
Wie macht MAN Bewerbungen?
Das weiß ich auch nicht. Ich kenne diesen „man“ nicht. Er ist noch nie bei mir gewesen, zur Tür hereingekommen und hat sich vorgestellt. Somit liegen mir bislang auch keine Beweise vor, warum „man“ Bewerbungen so oder so macht.
Ich weiß aber, dass jegliche Werbung, ob Werbespots im Fernsehen, Werbung im Internet, Flyer, Produktbroschüren, Kataloge etc. nicht nach schwarz-weißem DIN-genormten Einheitsbrei entstehen, sondern mit Hilfe von Kreativität, Einfallsreichtum, Ideen, Humor, Grafik, Gestaltung in Kombination mit Kenntnis des beworbenen Produktes, der angepeilten Zielgruppe, deren Bedarf (manche nennen es auch Leidensdruck) und dem Nutzen, den das Produkt der Zielgruppe bietet.
Bieten Sie dem Arbeitgeber NUTZEN. Sagen Sie ihm, was Sie für ihn tun können und nicht, was Sie bei anderen gemacht haben. Wie ein Autor, der ein gutes Buch schreiben will, fesseln Sie Ihren Leser (potentiellen Arbeitgeber) mit Ihrer Bewerbung? Oder schwafeln Sie gespickt mit nichts aussagenden Füllphrasen den Leser in die Langeweile? Häufig werden mir dann Fragen gestellt, wie z.B. : „Darf man so etwas schreiben?“ oder Aussagen getroffen wie: „Ich wusste gar nicht, dass man so etwas da reinschreiben darf?“ Herrgott noch eins, wir sind doch alle erwachsen – warum fallen die Menschen, sobald sie sich in unbekanntes Terrain begeben, in eine fast kindliche Rolle? Hier geht es nicht um „Darf ich?“ sondern um
Wer bin ich? Was kann ich? Was will ich? Wer kann das, was ich kann und will, gebrauchen?
Ich denke: In der Liebe, im Krieg und bei Bewerbungen ist alles erlaubt. Hier gibt es weder ein Richtig, noch ein Falsch oder ein Muss! Bewerben macht Spaß mit der richtigen Einstellung und dem richtigen Werkzeug!