Abgemahnt? Abmahnung veranlassen?

Von Boris Nolting, Rechtsanwalt und Fachanwalt für gewerblichen Rechtschutz

Abmahnungen im Urheberrecht, Markenrecht und im Wettbewerbsrecht sind bei Unternehmern und anderen Rechtsinhabern immer öfter Thema und beschäftigen auch weiterhin die Gerichtsinstanzen.

Fragen wie diese beantworten wir jeden Tag:

Abgemahnt?

Unterlassungserklärung abgeben?

Modifizierte Unterlassungserklärung abgeben?

Was bedeutet strafbewehrte Unterlassungserklärung?

Wurde ich abgemahnt und soll die Unterlassungserklärung abgeben?

Soll ich die geforderten Anwaltsgebühren bezahlen?

Oder soll ich nichts von alledem tun und mit dem Klagerisiko leben?

Abmahnung veranlassen?

Mein Bild, meine Software oder Marke wird verwendet, was kann ich tun?

Meine geschützten Werke werden online von Dritten benutzt, habe ich einen

… Unterlassungsanspruch?

… Auskunftsanspruch?

… Schadensersatzanspruch?

Und wer muss den Anwalt bezahlen?

Rechtsinhaber können Urheber, Unternehmer und Markeninhaber sein. Rechtsinhaber sind auf das Instrument der Abmahnung angewiesen, um ihre Rechte an ihren geschützten Werken effektiv zu schützen. Bei den Werken handelt es sich um Wort- und Bildmarken, Fotos, Texte, Bilder, Software etc.

Wird also ein solches Werk ohne Zustimmung des Rechteinhabers verwertet – online oder offline -, kann eine Abmahnung helfen, diese rechtswidrige Werknutzung zu regulieren. Es werden insbesondere Unterlassungs-, Auskunfts- und Schadensersatzansprüche geregelt und durchgesetzt.

Fraglich ist oft, ob eine „kassierte“ Abmahnung begründet ist. Oder andersherum: Fraglich ist oft, ob eine Abmahnung begründet ausgesprochen werden könnte.

Das gilt auch im Wettbewerbsrecht: Die Abmahnung hat hier den Zweck, einen fairen Wettbewerb zwischen Konkurrenten und unterschiedlichen Marktteilnehmern zu gewährleisten. Unternehmen können Mitbewerber auf Wettbewerbsverstöße hinweisen und Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche geltend machen.

Typische Abmahngründe im Wettbewerbsrecht:

„Klassiker“ wettbewerbsrechtlicher Abmahnungen sind Verstöße in AGB, irreführende Werbung und fehlende Kennzeichnungs- und Informationspflichten im E-Commerce-Bereich (amazon, eBay etc.). Zunehmend sind auch Verstöße gegen die Datenschutzgrundverordnung (EU-DSGVO) Gegenstand von datenschutzrechtlichen Abmahnungen. Inwieweit solche Abmahnungen im Datenschutzrecht zulässig sind, ist jedoch (noch) umstritten.

In unserer Beratungspraxis können wir nicht oft genug betonen, urheber-, marken- und wettbewerbsrechtliche Abmahnungen ernst zu nehmen und sich anwaltlich beraten zu lassen. Denn die Fallstricke bei falscher Reaktion auf die Abmahnung können wehtun:

Viele Abgemahnte glauben, allein mit der Abgabe der Unterlassungserklärung sei die Sache quasi erledigt. Dabei wird oft übersehen, dass eine Unterlassungserklärung ein Vertrag mit dem Abmahnenden ist, mit der sich verpflichtet wird, ein bestimmtes Verhalten zu unterlassen. Hält man sich an diesen Vertrag nicht, kann eine Vertragsstrafe fällig werden. Zu diesem Szenario gab es in jüngster Vergangenheit neue Rechtsprechung.

So werden Detailfragen einer abgegebenen Unterlassungserklärung beantwortet wie:

  • Für den Verstoß gegen eine strafbewehrte Unterlassungserklärung reicht es nicht aus, wenn das betreffende Foto über die direkte URL online erreichbar ist (OLG Frankfurt a.M., Urt. v. 11.06.2020 – Az.: 11 U 46/19). Die Vertragsstrafe wird nicht ausgelöst, weil das Foto nur einem beschränkten Personenkreis angezeigt wird. Und zwar dem Personenkreis, der die konkrete URL kennt.
  • Der BGH hat kürzlich entscheiden (Urteil vom 23. Oktober 2019, I ZR 46/19), wann es nach den Grundsätzen von Treu und Glauben rechtsmissbräuchlich ist, eine Vertragsstrafe aufgrund einer Unterlassungserklärung nach markenrechtlicher Abmahnung geltend zu machen. Nach Ansicht der Karlsruher Richter ist dies dann der Fall, wenn der Gläubiger eine Vielzahl von Marken angemeldet hat, diese jedoch nicht tatsächlich nutzt, sondern nur dazu nutzt, Rechtsansprüche gegen Dritte durchzusetzen.

Kurz gesagt: Hat jemand abgemahnt, nur um sich zu bereichern, wobei ihm die eigentliche Marke egal ist? Falls ja, ist die Abmahnung rechtsmissbräuchlich.

Sollten auch Sie Ihre Werke schützen wollen oder möchten eine erhaltene Abmahnung abwehren, ist versierter, anwaltlicher Beistand dringend zu empfehlen.