Muss man sich vom Arzt „gesundschreiben“ lassen, wenn man sich wieder fit fühlt und zur Arbeit gehen möchte? Die Anwaltauskunft klärt den Rechtsmythos.
Im Bett liegen, fernsehen, sich verwöhnen lassen: Eine Krankschreibung ist für Arbeitnehmer nicht immer unangenehm – zumindest für ein paar Tage. Auf Dauer kann das vom Arzt verordnete Nichtstun jedoch ganz schön langweilig werden. Vor allem, wenn man sich eigentlich schon wieder gesund fühlt. Hinzu kommt das schlechte Gewissen, weil andere Mitarbeiter die Arbeit erledigen, während man selbst auf der Couch sitzt. In dieser Situation fragen sich viele: Darf ich trotz Krankschreibung wieder arbeiten gehen?
Viele Mythen ranken sich um die Frage, wie verbindlich eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ist – vor allem im Internet. Oft ist zu lesen, das ärztliche Attest käme einem Arbeitsverbot gleich. Oft ist auch von einer „Gesundschreibung“ zu hören, mit der man sich vom Arzt die Arbeitsfähigkeit bescheinigen lassen müsse.
Wer sich gesund fühlt, darf zur Arbeit gehen
Diese Gerüchte sind falsch. „Eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ist kein Arbeitsverbot“, sagt Rechtsanwältin Donata Gräfin von Kageneck von der Arbeitsgemeinschaft Sozialrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV). „Der gelbe Schein gibt lediglich eine Prognose ab, wie lange der Arbeitnehmer voraussichtlich nicht arbeiten kann“, so von Kageneck.
Mythos Gesundschreibung
Ist die Arbeitsfähigkeit schon früher als gedacht wieder hergestellt, dürfen und sollten krankgeschriebene Arbeitnehmer wieder arbeiten. Eine „Gesundschreibung“ als Gegenstück zur Krankschreibung gibt es nicht. Heißt: Mit gelbem Schein arbeiten ist ausdrücklich erlaubt.
Für den unwahrscheinlichen Fall, dass der Arbeitgeber dennoch Zweifel am Gesundheitszustand des Arbeitnehmers anmeldet, kann er den Betriebsarzt hinzuziehen. Dieser untersucht den Arbeitnehmer dann nochmals. Um dies zu vermeiden, sollten Arbeitnehmer erst wieder arbeiten gehen, wenn sie vollständig gesund sind.
Arbeiten trotz Krankschreibung: keine Auswirkungen auf Versicherungsschutz
Ein weiteres Gerücht besagt: Wer trotz Krankschreibung arbeitet, verliert den Versicherungsschutz. Bei einem Unfall während der Arbeitszeit würde die gesetzlichen Unfallversicherung nicht zahlen. Auch das stimmt nicht.
„Fühlt man sich trotz Krankschreibung gesund und geht zur Arbeit, hat das keinen Einfluss auf den gesetzlichen Versicherungsschutz“, sagt Stefan Boltz vom Spitzenverband der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung.
Das gilt auch für Wegeunfälle. Wer sich trotz Krankschreibung auf den direkten Weg zu seiner Arbeitsstelle macht, genießt von der Haustür an den gleichen Versicherungsschutz wie alle anderen Arbeitnehmer. Unabhängig von der Krankschreibung gilt: Ein medizinischer Vorfall am Arbeitsplatz gilt nur dann als Arbeitsunfall, wenn er im direkten Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit steht.
Doch nicht fit genug zum Arbeiten: Besser zweite Krankschreibung abgeben
Was passiert aber, wenn man trotz Krankschreibung zur Arbeit geht und dort merkt, dass man doch noch nicht fit ist? „Dann ist es empfehlenswert, sich erneut arbeitsunfähig zu melden und eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorzulegen“, sagt Rechtsanwältin Donata Gräfin von Kageneck.
Wer ein gutes Verhältnis zu seinem Chef hat, kann auch folgendes tun: Der Arbeitnehmer geht wieder zur Arbeit, kommuniziert seinem Vorgesetzten aber direkt, dass er es erst einmal versuchen will. Wenn er nach ein paar Stunden merkt, dass es doch nicht geht, behandeln beide Seite den Fall so, als sei der Mitarbeiter gar nicht erst erschienen.
„Arbeitnehmer, die sich unsicher sind, sollte lieber eine neue Krankschreibung abgeben“, sagt die Anwältin aus Bornheim.
Wer krank ist, darf nicht „fremdarbeiten“
Wer sich wieder gesund und voll einsatzfähig fühlt, kann also trotz Krankschreibung wieder arbeiten gehen. Das gilt allerdings nur für den eigenen Arbeitgeber. Krankgeschrieben einer anderen Tätigkeit nachzugehen, um den Verdienst aufzubessern, ist keine gute Idee: Erfährt der Arbeitgeber vom Nebenjob, droht eine fristlose Kündigung des Arbeitsvertrags. (Quelle: Deutsche Anwaltauskunft)