Die populärsten Irrtümer im Erbrecht

Von Florentine Jakobsohn, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Erbrecht

Die Liste der Rechtsirrtümer über das Erbrecht ist vielfältig und umfangreich. Man verlässt sich darauf, dass das gesetzliche Erbrecht so angelegt ist, dass eine individuelle Regelung nicht mehr nötig ist.

Ein fataler Irrtum wie die folgende Liste der populärsten Rechtsirrtümer zeigt:

 „Die gesetzliche Erbfolge reicht aus, ein Testament oder ein Erbvertrag sind nicht nötig.”

Doch, denn die Vorschriften des BGB sind lediglich allgemein und treffen daher auf den Einzelfall regelmäßig nicht zu. Außerdem lässt sich so die Gefahr einer meist konfliktgeprägten Erbengemeinschaft vermeiden, die den Familienfrieden zerstören kann.

„Ein am Computer geschriebenes und unterschriebenes Testament reicht aus.

Nein, es muss, wenn es nicht notariell beurkundet ist, mit Ort und Datum vollständig höchstpersönlich und handschriftlich verfasst und unterschrieben sein.

„Der Ehepartner erbt alles, wenn ich sterbe.”

Nein, es gilt die gesetzliche Erbfolge. Bei einem kinderlosen Ehepaar besteht die Erbengemeinschaft aus dem überlebenden Ehegatten und dessen Schwiegereltern bzw. Schwägern. Bei einem Ehepaar mit Kindern besteht die Erbengemeinschaft aus dem überlebenden Ehegatten und den Kindern. Und nur, wenn weder Kinder vorhanden sind und Eltern und Großeltern vorverstorben sind, erhält der überlebende Ehegatte die ganze Erbschaft.

„Der Güterstand der Ehegatten spielt erbrechtlich keine Rolle.“

Doch – gibt es einen Ehevertrag mit Gütertrennung, hängt der Erbteil des überlebenden Ehegatten von der Zahl der miterbenden Kinder ab. Nur im Güterstand der Zugewinngemeinschaft erhält der überlebende Ehegatte ein zusätzliches Viertel des Nachlassvermögens.

„Mit einer rechtskräftigen Scheidung ist der frühere Ehepartner erbrechtlich ausgeschaltet.“

Grundsätzlich ja, allerdings kann er ggf. über gemeinschaftliche Kinder noch auf das Vermögen des Erblassers zugreifen. Ein Beispiel: Beerbt das eheliche Kind den geschiedenen Erblasser und verstirbt dann auch dieses Kind, so wird der frühere Ehepartner möglicherweise Erbe des gemeinsamen Kindes. Um dies zu vermeiden benötigt man ein „Geschiedenentestament“ mit Vor- und Nacherbfolge.

„Mit einem Testament kann jeder gesetzliche Erbe komplett ausgeschlossen werden.“

Nein, zählt er zum Kreis der Pflichtteilsberechtigten (Ehepartner, Kinder, Eltern), erhält er das Pflichtteilsrecht, das nur unter ganz strengen Voraussetzungen (z.B. Straftaten gegen den Erblasser) entzogen werden kann.

„Geschwister besitzen ein Pflichtteilsrecht.“

Nein; pflichtteilsberechtigt sind nur Ehepartner, Kinder und – wenn keine Kinder vorhanden sind – die Eltern des Erblassers.

„Schenkungen zu Lebzeiten sind auf Pflichtteilsansprüche anzurechnen.“

Nein, die Anrechnungsbestimmung muss bei der Zuwendung ausdrücklich oder zumindest deutlich erkennbar erfolgen und dem anderen zugehen. Später kann dies nur im Einvernehmen geschehen, jedoch nicht mehr einseitig, insbesondere nicht in einem Testament.

„Eine Erbengemeinschaft stellt kein Problem dar.“

Häufig leider doch. Während das Gesetz von einer einvernehmlichen Verteilung des Vermögens ausgeht, besitzt die Erbengemeinschaft als Zwangsgemeinschaft oft ein unglaubliches Streitpotential. Die Folge: langwierige gerichtliche Auseinandersetzungen, nachhaltige Konsequenzen für den Familienfrieden und ggf. Zerschlagung des Nachlasses.

Mit kompetenter, juristischer Hilfe vermeiden Sie kostspielige und nervenaufreibende Fehler.