Vererben oder vermachen? Warum genaue Formulierungen im Testament so wichtig sind

Von Stefan Abrahams, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Erbrecht

Wer im Laufe des Lebens ein wenig Vermögen erworben hat, sollte rechtzeitig für die Regelung des Nachlasses sorgen. Die Vorstellungen des Gesetzgebers über die Rechtsnachfolge, die in der gesetzlichen Erbfolge zum Ausdruck gekommen sind, stimmen in den allermeisten Fällen nicht mit den Wünschen und Bedürfnissen der Betroffenen überein. Durch eine sog. Verfügung von Todes wegen – also Testament oder Erbvertrag – können die Erbfolge und eine Vielzahl von erbrechtlichen Regelungen individuell gestaltet werden.

Für die Errichtung eines Testaments ist es anders als bei einem formgebundenen Erbvertrag nicht erforderlich, die Hilfe eines Notariats in Anspruch zu nehmen. Vielmehr können die Testierenden selbst durch Errichtung eines eigenhändigen Testaments alle notwendigen Regelungen treffen. Die Formvorschriften sind denkbar einfach: Es reicht aus, wenn das Testament vollständig mit der Hand geschrieben und am Schluss unterzeichnet wird. Auch das Datum sollte nicht fehlen. Für Ehegatten besteht noch die Besonderheit, dass beide auch ein gemeinschaftliches Testament errichten können, das von einem Ehegatten geschrieben und von beiden unterzeichnet wird.

Der Teufel steckt wie so häufig im Detail. Die juristische Fachsprache ist gerade im Bereich des Erbrechts kompliziert und manchmal missverständlich. Wer ein Testament verfasst, sollte unbedingt darauf achten, klare und eindeutige Formulierungen zu wählen, damit es nach dem Erbfall nicht zu Streitigkeiten zwischen den Hinterbliebenen über die Auslegung des Testaments kommt. Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) enthält eine Reihe von Auslegungsregeln, die jedoch längst nicht jeden Zweifelsfall abdecken.

Ein klassischer Fall ist z.B. die Frage, was mit den Begriffen „vererben“ und „vermachen“ gemeint ist. Die Einsetzung als Erbe meint nach dem bürgerlichen Recht, dass die bedachte Person zum Gesamtrechtsnachfolger bestimmt wird und in allen Rechten und Pflichten des Erblassers eintreten soll. Das Vermächtnis hingegen ist ein schuldrechtlicher Anspruch gegen den oder die Erben auf Übertragung eines „vermachten“ einzelnen Gegenstands bzw. Anspruchs aus dem Nachlass. Dieser Unterschied ist vielen nicht bekannt, die Begriffe „vererben“ und „vermachen“ werden oft synonym verwendet. Wenn in einem Testament z.B. die Rede davon ist: „Ich vermache mein gesamtes Hab und Gut meiner Ehefrau“, ist hiermit entgegen dem Wortlaut offensichtlich eine Erbeinsetzung gemeint. Enthält das Testament anders herum die Regelung: „Mein Skatbruder Günther erbt mein Funkgerät“, will der Erblasser in Wahrheit wohl nur ein Vermächtnis aussetzen.

Genauso problematisch ist beispielsweise der Fall, dass im Testament die einzelnen Nachlassgegenstände bestimmten Personen zugewandt werden, jedoch keine abschließenden Verfügungen über sämtliche Vermögensbestandteile getroffen werden. Hier ist unklar, ob durch die Einzelzuwendungen zugleich die Erbfolge geregelt werden soll oder ob es sich ausschließlich um Vermächtnisse bzw. Teilungsanordnungen bei gesetzlicher Erbfolge handeln soll.

In der Praxis zeigt sich immer wieder, dass auch Testierende, die die besten Absichten verfolgen, durch unklare oder sinnentstellende Formulierungen erst den Anlass für jahrelange erbitterte Rechtsstreite setzen. Es kommt sogar vor, dass ohne rechtskundige Beratung errichtete Testamente so schwere inhaltliche Mängel aufweisen, dass sie unwirksam sind. Daher ist es bei der Errichtung eines eigenhändigen Testaments dringend zu empfehlen, sich umfassende juristische Beratung über die Formvorschriften, insbesondere jedoch den Inhalt und die konkreten Formulierungen für die testamentarischen Verfügungen zu suchen.