Was sich hinter der Bezeichnung „Fachanwalt“ verbirgt und was den Rechtssuchenden bei der gerichtlichen Mediation erwartet

Von Florentine Jakobsohn, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Erbrecht

Ein Rechtsanwalt entscheidet sich anlässlich seiner Berufszulassung, ob er einen Fachanwaltstitel führen möchte oder nicht. Die Bezeichnung ist erlaubnispflichtig und in der Fachanwaltsordnung (FAO) geregelt.

Der Fachanwalt zeichnet sich wegen besonderer Kenntnisse und Erfahrungen in einem oder bis zu drei Rechtsgebieten aus. Dabei unterscheiden sich die Fachanwälte von den Fachärzten dadurch, dass sie trotz ihrer Fachanwaltsbezeichnung auf allen Rechtsgebieten tätig sein dürfen und örtlich ungebunden sind. Es ist also keinesfalls so, dass der Fachanwalt ausschließlich in „seinem“ Rechtsgebiet ein guter Ansprechpartner sein kann.

Die erste Fachanwaltschaft wurde 1937 für das Steuerrecht eingeführt und schließlich durch die Bezeichnung „Rechtsanwalt-Steuerberater“ ersetzt. Seit 1999 gibt es inzwischen 23 verschiedene Fachanwaltschaften.

Grundvoraussetzung für die Fachanwaltsbezeichnung ist die dreijährige Zulassung zur Anwaltschaft und die Tätigkeit innerhalb der letzten sechs Jahre vor Antragsstellung. Seine theoretischen Fachkenntnisse erwirbt er durch einen Fachlehrgang von mindestens 120 Stunden, welcher mit drei schriftlichen Leistungskontrollen von insgesamt mindestens fünfzehn Zeitstunden endet.

Seine praktischen Fachkenntnisse werden in den einzelnen Rechtsgebieten an unterschiedliche Voraussetzungen geknüpft.

Die Fachanwaltschaft für Erbrecht beispielsweise erfordert die persönliche und weisungsfreie Bearbeitung von 80 verschiedenen Verfahren, wovon mindestens 20 Gerichtsverfahren sein müssen (man bedenke, dass sich im Erbrecht ein Gerichtsverfahren nicht selten über mehrere Jahre erstrecken kann).

Des Weiteren ist vorgeschrieben, dass die besonderen Kenntnisse des Erbrechtes in Bezug auf die weiteren Bereiche des Schuld-, Familien-, Gesellschafts-, Stiftungs- und Sozialrechts, des Internationalen Privatrechts, der vorweggenommenen Erbfolge, Vertrags- und Testamentsgestaltung, Testamentsvollstreckung, Nachlassverwaltung, Nachlassinsolvenz und Nachlasspflegschaft sowie das Steuerrecht nachzuweisen sind.

Nach erfolgreich abgeschlossener Prüfung und der Einreichung einer lückenlosen Fallliste zum Nachweis besonderer praktischer Erfahrungen wird dem Rechtsanwalt schließlich die Bezeichnung „Fachanwalt/-in für Erbrecht“ von der Rechtsanwaltskammer verliehen.

Um die Fachanwaltsbezeichnung fortlaufend weiterführen zu dürfen, hat der Anwalt jährlich bis zum 31.12. den Nachweis über die Teilnahme an einer qualifizierten Fortbildungsveranstaltung von 15 Zeitstunden vor der Rechtsanwaltskammer zu führen.

Die gerichtliche Mediation

Die gerichtliche Mediation ist eine Möglichkeit für Rechtssuchende, überlange belastende gerichtliche Verfahren schnell und einvernehmlich unter juristischer Beratung zu einem guten Abschluss zu bringen.

Gerade auf den höchst sensiblen Rechtsgebieten des Erbrechts und des Familienrechts stehen persönliche/familiäre Kontakte auf dem Spiel, um deren Erhaltung es geht. Aus diesem Grunde werden die streitenden Parteien möglichst früh auf die Möglichkeit der gerichtlichen Mediation aufmerksam gemacht.

Wurde bereits Klage erhoben, kann das streitige Verfahren jederzeit ruhend gestellt werden, um vor einem dafür eigens ausgebildeten Richter oder einer Richterin als Güteverfahren durchgeführt zu werden. Zusätzliche Gerichtskosten entstehen nicht.

In der Güteverhandlung sitzen Güterichter, Parteien und Rechtsanwälte an einem „runden Tisch“ und werden konstruktiv an eine mögliche Einigung herangeführt. So haben die streitenden Parteien die Möglichkeit, mit einem gerichtlichen Vergleich die Auseinandersetzung fair und nachhaltig zu beenden, ohne sich als „Verlierer“ zu fühlen. Die gerichtliche Mediation unterliegt keinem Zeitdruck und muss nicht mit nur einem Ortstermin beendet sein. Zudem ist die gerichtliche Mediation nicht öffentlich und vertraulich. Für den Fall, dass die streitenden Parteien keine Lösung des Konflikts erarbeiten können, dringt inhaltlich nichts in das dann streitig weiterzuführende Verfahren ein. Das heißt, die gerichtliche Mediation ist sowohl für Kläger als auch für Beklagte ein zusätzliches Plus, welches niemanden übervorteilt. Das begonnene Klageverfahren kann unbeeinträchtigt fortgeführt werden.

Demgegenüber können sich Streitparteien aber auch schon vor einem gerichtlichen Verfahren privat für eine außergerichtliche Mediation bei einem ausgebildeten Mediator entscheiden. Hier sind die Stundenhonorare preislich unterschiedlich und von den Parteien selbst zu tragen.