Wissenschaftliche Studien haben ergeben: Mindestens jeder 10. Corona-Infizierte hat eine Beeinträchtigung des Gehörs erlitten

Von Benjamin Vetter, Hörgeräteakustikermeister

Das Coronavirus Sars-CoV-2 kann je nach Verlauf der Infektion in verschiedenen Organen, von der Lunge bis zum Gehirn, Schäden anrichten. Das Virus greift auch Sinnesorgane an: Bekannt ist etwa der Geruchsverlust, den einige Infizierte bemerken. Und das Hörorgan ist offenbar ebenfalls betroffen, wie die Auswertung einer Metastudie nun nahelegt.

Bei 56 Studien wurden die Wissenschaftler fündig. In diesen wurde – meist anhand von Patientenbefragungen oder der Auswertung von Krankenakten – tatsächlich ein vermehrtes Auftreten von Hörstörungen im Zuge einer Coronavirus-Infektion beschrieben. So berichteten die Teilnehmer über nun auftretenden Tinnitus oder eine Verstärkung des Ohrgeräusches.

Beim Hörverlust ergaben die Auswertungen, dass bei fast jedem zehnten Patienten eine mit Covid-19 verknüpfte Verschlechterung des Hörvermögens auftrat. Dieser setzte meist abrupt ein und betraf beide Ohren, es gab aber auch einige wenige Fälle, in denen sich eine Schwerhörigkeit allmählich entwickelte oder nur ein Ohr betraf. Außerdem hat sich zusätzlich ein Drehschwindel bei den Patienten gebildet.

Von einigen anderen Virus-Infektionen ist bereits bekannt, dass sie sich in manchen Fällen auf das Gehör auswirken können, darunter sind Masern, Mumps oder auch Hirnhautentzündungen. Aber die Vermutung bei Corona hat sich somit bestätigt.

Die betroffenen Infizierten kamen aus allen Altersgruppen, auch die Schwere der erlittenen Erkrankung variierte. Mitunter war die Beeinträchtigung der Ohren das einzige Symptom, in anderen Fällen war sogar eine Beatmung notwendig.

Warum eine Corona-Infektion ausgerechnet das Hörvermögen angreift, konnte bis dato noch nicht geklärt werden. Allerdings haben die Wissenschaftler der Studie eine erste Vermutung. So könnte es laut ihnen möglicherweise mehrere Mechanismen geben, durch die die Infektion direkt oder indirekt das Hörsystem angreift und schädigt. Aber auch das Coronavirus selbst, Durchblutungsstörungen als auch das Immunsystem könnten als Ursache infrage kommen.

Hörproblemen bei Infektionen mehr Beachtung schenken

Auch wenn das Symptom im Vergleich zu anderen Anzeichen deutlich seltener auftritt, raten die Wissenschaftler der Studie, besonders achtsam zu sein und bei den ersten Anzeichen sofort einen Arzt zu konsultieren. Denn eine sofortige Behandlung kann den Hörverlust rückgängig mildern oder sogar komplett rückgängig machen. Ansonsten drohen irreversible Schäden. Aber auch Ärztinnen und Ärzte werden dazu aufgerufen, künftig Erkrankte nach ihrem Hörvermögen zu befragen und bei den ersten Anzeichen sofort zu handeln.

Auffällig viele Hörveränderungen

Auch uns sind einige Fälle aus unserem Arbeitsalltag bekannt, bei denen es nach einer Coronaerkrankung zu einem Hörverlust kam. Auch bei bestehender Hörminderung kam es teilweise zu eklatanten Hörverschlechterungen in kürzester Zeit.

Deshalb rate ich jedem genesenen Corona Patienten, einen Hörtest beim HNO-Arzt oder bei einem Hörgeräteakustikermeister zu machen.